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Selbsthilfegruppe Bad Belzig im Fläming

| Optimisten 03/2018

Wie schon aus meinem Gedicht „Fläminggeflüster“ zu entnehmen ist, befinden wir uns in einer sehr schönen Gegend im Land Brandenburg. Wiesen, Felder und Wälder prägen unseren Fläming.
Er entstand in der Saaleeiszeit und ist heute auch kulturell sehr aktiv im südwestlichen Brandenburg und östlichen Sachsen-Anhalt. Wir finden den Fläming östlich von Magdeburg über mehr als 100 km bis zur Dahme. Er ist ein Teil des südlichen Landrückens.
Den Namen führt man auf die Besiedlung durch die Flamen (Flemingen) zurück. Der Höhenzug des Flämings wurde nach der Reformation durch Martin Luther sowie der Schlacht bei Hagelberg und der Schlacht bei Dennewitz 1813 später dem Königreich Preußen eingegliedert.

Heute bietet der Naturpark Fläming viele touristische Angebote wie Wanderungen, Burgbesichtigungen, das Erkunden der so genannten „Rummeln“ oder auch zahlreiche Reitwege für interessante Unternehmungen.
Viele Vereine und Sportgruppen füllen das gesellschaftliche Leben in unserer ländlichen Gegend. Dabei haben sich zahlreiche Traditionen herausgebildet. Diese werden über die Generationen weitergegeben und gepflegt. So auch das Beschäftigen mit den Pferden. In den Dörfern mit den Vierseiten-Höfen galten die Pferde früher als Zugmittel für die Wagen oder für die Arbeit auf den Wiesen, Feldern und in den Wäldern. In Brück an dem kleinen Fluss „Plane“, die ihr Wasser zur Havel bringt, hat sich der Kaltblut Zucht- und Sportverein Brück e.V. in Potsdam-Mittelmark gegründet.

Über viele Jahre ist der Verein schon tätig und das jährliche Kaltblutrennen in Brandenburg „Titanen der Rennbahn“ ist über die Ländergrenzen bekannt und beliebt. Im Juni dieses Jahres fand diese Veranstaltung zum 17. Mal unter dem Motto „Wein, Weib, Gesang“ statt. Ich erinnere mich noch gut, als in den letzten Jahren zum Thema Postkutschen aus nah und fern Gotthilf Fischer die über 25.000 Gäste zum Singen brachte - einfach eine tolle Stimmung. Die Titanen-Macher sind die Gebrüder Burkhard und Thomas Haseloff sowie Detlev Seeliger.

Irgendwann entstand die Idee, die Titanen auf eine Zeitreise zu schicken, entlang der über zweitausendjährigen Geschichte der historischen Handelsstraße „HELLWEG“.
Quer durch Europa geht es von Brügge, am Atlantik über Brück ins russische Weliki Nowgorod. Bereits 2009 wurde die Strecke Brügge - Brück mit den Planwagen als Treck zurückgelegt. Viele Erfahrungen können nun für die geplante Tour „TITANEN ON TOUR 2018“ verarbeitet werden.

Das Motto ist „Pferde bringen den Frieden“. Es ist eine Versöhnungsfahrt von über 2300 km und an über 70 Rastorten wird die mitgeführte Friedensglocke geläutet. Diese wurde extra für diese Reise gegossen und im feierlichen Gottesdienst in Brück von Pfarrer Kautz geweiht. Er begleitet diese Reise ebenso wie der hier jahrelang ansässige Bäcker des Familienunternehmens „Plentz“. Er versorgt die Reisenden mit Backwerk. „Brot und Salz als Friedensbotschaft“ haben sie im Gepäck und sie werden die gemeinsamen Feiern und Gespräche am Wegesrand unterstützen. Als Vorbereitung für diese große Reise war ein Vorabtrupp bereits unterwegs von Zerbst (hier stammte Katharina die Große heraus) nach Wittenberg, wo Martin Luther seine 95 Thesen zur Reformation an der Tür der Schlosskirche veröffentlichte, und Magdeburg. Hier wurde die Truppe vom Ministerpäsidenten Haseloff begrüßt und er gab symbolisch als Vertreter den Erzbischof Wichmann mit auf die Reise. Dieser pflegte zu seiner Dienstzeit die deutsch-russischen Beziehungen. In unserer Heimatstadt Bad Belzig wurde der Treck von Bürgermeister Roland Leisegang und dem Museumsleiter Thomas Schmöhl, in Gestalt von Peter dem Großen, Zar von Russland, mit guten Wünschen verabschiedet. Der Zar soll eine Nacht in Belzig auf der Burg Eisenhardt verbracht haben.

Unsere Selbsthilfegruppe hörte von diesem Ereignis und gestaltete ein Buch mit Gedichten aus der Feder des Gruppenmitgliedes Heidrun Jordan über unsere Heimat und unser gemeinsames Zusammenleben sowie Zeitungsbeiträgen aus unserer Region. Wir nutzten diese Gelegenheit, um dieses Buch als „Burgdamen“ (entsprechende Kostüme organisierten wir dafür) zu übergeben. Für die lange Reise soll dieses Buch ein treuer Begleiter aus der Heimat, dem Fläming sein. Vielleicht wird es auch ein Gastgeschenk. Wir Gruppenmitglieder interessieren uns für die Titanen, wie auch viele Bürger in nah und fern, weil einige in den umliegenden Dörfern beheimatet waren oder noch sind und selbst Kontakt zu Pferden haben.

Der mitreisende Pfarrer Helmut Kautz, auf dem Glockenwagen mit der Friedensglocke, segnete die anwesenden Männer und Frauen. Dann ging die Reise weiter. Der Bürgermeister und der „Zar“ begleiteten die Planwagen bis zum Marktplatz von Bad Belzig. Dort warteten ebenfalls viele begeisterte Einwohner. Die Generalprobe wurde als gelungen empfunden und nun freuen sich alle auf den Start.

Am 18.07.2018 startet der Treck „TITANEN ON TOUR 2018“ in Brück im Fläming. Neun Planwagen (davon ein Glockenwagen) gehen mit 18 Pferden, der Friedensglocke und 25 Männern auf den Treck. Die 2300 km von Brück bis Weliki Nowgorod, also der alten Handelsstraße, wollen sie in 80 Tagen bewältigen. An 70 Orten sollen kleine Friedensglocken als Gastgeschenk übergeben werden. Dafür sind in den einzelnen Ländern (Deutschland, Polen, Kaliningrad, Litauen, Lettland, Estland und Russland) Begegnungen mit den Einwohnern, aber auch Vertretern von Staat und Kirche geplant.

Am 20. Juli um 10 Uhr wird die „Friedensreisegesellschaft“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin verabschiedet. Botschafter aller durchreisenden Länder sowie Persönlichkeiten von Staat und Kirche aus Berlin und Brandenburg werden erwartet, darunter der Ministerpräsident vom Land Brandenburg, Dietmar Woidtke. Er ist gemeinsam mit Bischof Dröge Schirmherr dieses Unternehmens. Zum Abschied wird Probst Stäblein den Treck segnen und in Frieden (100 Jahre nach Beendigung des 1. Weltkrieges) unter Glockengeläut ziehen lassen.
Viele Sponsoren, die Evangelische Kirchengemeinde Brück, die Evangelische Bank und zahlreiche weitere Unterstützer tragen dazu bei, dass die „Titanen“ auf Tour gehen können und es möglich ist, gegen Unwissenheit, Hass und Unverständnis anzugehen und sich für ein friedliches Europa einzusetzen.

Heidrun Jordan
Mitglied