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Wassergymnastik im Bewegungsbad

Wasseranwendungen gehören zu den ältesten Formen der Physiotherapie, die in zahlreichen Varianten verabreicht werden können. 

Traditionell und sehr beliebt sind Bäder mit und ohne chemische Zusätze, Kohlensäure- und Luftsprudelbäder, Güsse, heiße Rollen, hydroelektrische Bäder, Waschungen, Wickelpackungen, Sauna und das Bewegungsbad.

Das Bewegungsbad gehört zu den beliebtesten Wasseranwendungen in der Hydrotherapie. Es kann sowohl als Gruppentherapie durchgeführt werden, wie auch zu Einzelbehandlung. Wird das Bewegungsbad als Gruppentherapie durchgeführt, sind vor allem die orthopädischen Erkrankungen wie Wirbelsäulenerkrankungen, Zustand nach traumatologischen Verletzungen, Weichteilverletzungen und rheumatische Erkrankungen die Hauptindikationen. Auch Patienten mit neurologischen Erkrankungen, die nicht Lähmungserscheinungen aufweisen, wie z. B. Morbus Parkinson, nicht akute Herzerkrankungen, Patienten mit chornischen Atemwegserkrankungen oder psychischen Störungen, können in der Gruppenform im Bewegungsbad therapiert werden. Liegen jedoch Behinderungen vor in Form von Lähmungen, spastische Erkrankungen der Muskulatur, oder ausgeprägte Bewegungseinschränkungen, ist immer die Einzel-Krankengymnastik im Bewegungsbad erforderlich.

Zur Übungsbehandlung im Wasser werden spezifische Elemente des Wassers genutzt wie: Auftriebskraft, Reibungswiderstand und Temperatur. Ein sehr wichtiger wirksamer Faktor ist der hydrostatische Druck des Wassers, der zu einer Kompression der Blutgefäße führt, so dass somit eine verbesserte periphere Durchblutung erreicht werden kann. Es kommt ebenfalls zu einer Verbesserung von Tonus und Elastizität und dem Turgor des Gewebes mit verbesserter Durchblutung und Durchwärmung, sowie zu einer verbesserten Trophik von Muskulatur und Lymphzirkulation.

Ein weiterer wichtiger wirksamer Faktor ist die Auftriebskraft des Wassers, da der Körper im Wasser nur noch 10 % seines ursprünglichen Gewichtes wiegt. (z. B. wiegt ein 80 kg schwerer Körper beim Eintauchen bis zum Hals nur noch 8 kg + ca. 8 kg Kopfgewicht = 16 kg). Der Vorteil ist daher, dass die Übungen im Bewegungsbad voll belastet möglich sind, auch wenn der Patient nur ca. 20 kg belasten darf, die Bewegungen im Wasser werden leichter, oder bei den oben erwähnten inkompletten Paresen überhaupt erst möglich.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Reibungswiderstand des Wassers, der als Führungswiderstand und zur Kräftigung der Muskulatur genutzt wird. Dabei ist eine Steigerung des Reibungswiderstandes durch Vergrößerung der Angriffsflächen (z. B. Verwendung von Paddel) und schnelleren Bewegungen möglich.

Die Anwendungen im Wasser haben auf nahezu alle Patienten einen psychisch günstigen Einfluß, der darin besteht, dass die Bewegungen im Wasser leichter fallen, in der Gruppe ein Gruppengefühl entsteht und sich die Patienten gegenseitig motivieren. Für Schmerzpatienten gilt vor allem eine Reduktion der Schmerzintensität. Die Angst vor Schmerzen kann bei diesen Patienten genommen werden. Sollten Patienten jedoch generell Angst vor Wasser haben, sind Anwendungen im Bewegungsbad nicht möglich.

Außer den bereits oben erwähnten günstigen Wirkungen der Übungsbehandlung im Wasser gibt es weitere systemische Effekte auf den Organismus. Hier sind insbesondere die verbesserte Hauttrophik und die Verbesserung der Hautfunktionen zu erwähnen, und dass zahlreiche Toxine und Stoffwechselendprodukte ausgeschieden werden. Auch der Immunstatus und Intermediärstoffwechsel werden angeregt und aktiviert. Bei Patienten mit Atemstörungen kommt es zur Beseitigung von Atemhemmungen, zu einer Detonisierung spastischer Bronchialmuskeln und von Seiten des Nervensystems zu einer Verbesserung der Nervenfunktion, zum Einüben von vegetativen Reflexen, zu einer Verbesserung der Trophik und zu einer Euthonisierung des Vegetativums, somit insgesamt zu einem allgemeinen Roborierungs- und Kräftigungseffektes des Organismus.

Hinsichtlich der Übungsbehandlung im Bewegungsbad ist eine Temperatur von ca. 33 ° C bis 34 ° C optimal, diese Temperatur wird auch als Indifferenztemperatur bezeichnet. Bei Patienten mit arthrotischen oder rheumatischen Erkrankungen kann die Temperatur eher etwas höher liegen, wobei bei Patienten mit Herzerkrankungen die Temperatur eher niedriger sein sollte, damit es nicht zu einer Überlastung von Herz und Kreislauf kommt. Die Behandlungszeit sollte ca. maximal 30 Minuten betragen, die Übungen sollten unter Anwesenheit einer speziell ausgebildeten Übungsleitung stattfinden.

Bei Patienten mit akuten Herzerkrankungen oder schweren Atemwegserkrankungen (Asthmaanfällen, Hauterkrankungen wie z. B. Ekzeme oder Allergien), Fieber, Nieren-/Blasenstörungen liegen Kontraindikationen vor, die eine solche Übungsbehandlung im Wasser ausschließen.

Zu beachten ist ebenfalls, dass es beim Verlassen des Bewegungsbades zu einer starken venösen Erweiterung der Gefäße kommt und insofern kann es auch zu einem Kreislaufkollaps kommen. Insofern ist es wichtig, dass man sich nach dem Bewegungsbad kalt abduscht, Atembewegungen und leichte Bewegungen durchführt , um diesem Kreislaufkollaps vorzubeugen. 

PD Dr. Dr. med. E. Friedel 
Bad Kissingen