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Fibromyalgie und Familie

| Optimisten 04/2021

Erkrankt ein Mensch an Fibromyalgie, bleibt dies auch für die Familie, den Ehepartner und die Freunde nicht ohne Folgen. Empfindungen, Lebenseinstellungen und Tagesabläufe können sich verändern. Betroffene und Angehörige werden herausgefordert, mit den Höhen und Tiefen der chronischen Erkrankung umzugehen. Gelingt es ihnen, die kräftezehrende Situation zu meistern, sind liebevolle Angehörige für Menschen mit chronischen Erkrankungen jedoch eine durch nichts zu ersetzende Hilfe.

Die Unsicherheiten bei Familie, Partner und Freunden sind häufig groß – zumal das Krankheitsbild nicht allgemein bekannt ist. Familienangehörige und Freunde stehen daher häufig vor der Frage, wie sie ihre Liebsten bestmöglich unterstützen können. Experten raten daher allen Angehörigen, mit den Betroffenen über die eigenen Fragen, Ängste und Sorgen zu sprechen. So kann man gemeinsam den Alltag entsprechend neu organisieren und keiner muss sich mit der neuen Situation allein gelassen fühlen.

Gut gemeinte Ratschläge und Tipps sowie Vergleiche können die erkrankte Person unter Umständen unter Druck setzen. Dagegen wird praktische Hilfe von dem erkrankten Familienmitglied, wie z. B. Staubsaugen, Einkaufen, oft dankbar angenommen – vor allem, wenn die an Fibromyalgie Betroffenen allein leben.

Mit einer chronischen Erkrankung leben zu lernen, ist nicht immer einfach – insbesondere auch weil die Symptome stark schwanken. Wie sich Betroffene heute, morgen oder in den nächsten Tagen gesundheitlich fühlen, ist schwer einzuschätzen. Dennoch können Betroffene wie Angehörige versuchen, Defizite und Einschränkungen, die die chronische Erkrankung mit sich bringen, in den Hintergrund rücken zu lassen und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die trotz allem möglich sind. Dabei können Partner und Angehörige den Betroffenen immer wieder zu viel Selbstständigkeit im Alltag ermutigen.

Zusammen etwas zu unternehmen, Spaß zu haben und zu lachen – all dies verbindet, schenkt Lebensfreude und Lebensmut. Doch damit nicht genug: Bei Betroffenen, die sich bei ihren Angehörigen besonders liebevoll angenommen und gut aufgehoben fühlen, kann sich der Krankheitsverlauf positiv entwickeln. Nicht wenige Betroffene und ihre Liebsten berichten zudem, dass sie einander durch das gemeinsam Erlebte und Erlittene als Familie, Partner oder Freunde spürbar nähergekommen sind und sich ein gänzlich neues Wir-Gefühl eingestellt hat.

Für Patienten mit Fibromyalgie ist die Unterstützung durch ihr soziales und familiäres Umfeld sehr wichtig. Diese gibt ihnen Halt und zeigt, dass ihre Beschwerden ernst genommen werden. Viele Familienangehörige und Partner schwer erkrankter Menschen stellen aber oft ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Dabei können Information über die Erkrankung, gezielte Auszeiten für Treffen mit Freunden, eigene Hobbys oder Hilfe von außen – z. B. durch Pflegedienste - neue Kräfte mobilisieren und chronischer Erschöpfung vorbeugen.

Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung spielen eine große Rolle im Alltag mit Fibromyalgie, fallen aber nicht jedem Erkrankten leicht. Hier können Partner und Angehörige die Betroffenen gut motivieren und unterstützen. Eine Ernährungsumstellung oder Sport machen viel mehr Spaß in einer Gruppe und/oder gemeinsam mit der Familie, z.B. indem man zusammen in der Küche neue Rezepte ausprobiert oder sich gemeinsam überwindet und regelmäßig Sport treibt.

Eine große Hilfe und Unterstützung können auch Selbsthilfegruppen und Beratungsgespräche bieten, wie sie von der DFV angeboten werden. In den Selbsthilfegruppen geht es um persönliche Situationen, über die mit anderen Betroffenen gesprochen werden kann. Vielleicht hat der eine oder andere das gleiche Problem gehabt und kann Rat geben oder Ansprechpartner nennen. Die Gruppe kann durch Zuhören, Verstehen und gemeinsame Aktivitäten Halt, Selbstvertrauen und Unterstützung geben.

Wenn die Erkrankung langfristig auf die Stimmung drückt, können Angehörige die Patienten dazu ermuntern, Entspannungs- und Selbsthilfetechniken zu erlernen oder psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dies kann bei der Krankheits- und Schmerzbewältigung sehr helfen.

Aber auch wenn die krankheitsbedingten Beschwerden nicht geteilt werden können, können die Betroffenen doch ihre Wünsche, Hoffnungen oder Ängste mit anderen teilen. Hier hilft das offene Gespräch – auch wenn es manchmal schwerfallen mag. Teilen Sie sich gegenseitig Ihre Bedürfnisse und Wünsche mit, formulieren Sie als Betroffener, wo Sie konkret Unterstützung und Hilfe benötigen. Und nehmen Sie diese Hilfsangebote an. Denken Sie immer daran: Würden Sie nicht für den anderen das Gleiche tun? Aus dieser Perspektive gesehen, lässt sich Hilfe oft besser annehmen.

Christa Weidmann
Vorstandsmitglied